EuroTier 2022

Gute Ideen fürs Detail

Auf der EuroTier haben wir nicht den großen Wurf, sondern viele kleine Ideen fürs Herdenmanagement gefunden. Vor allem Kälber und Arbeitsersparnis waren Thema.

Es wird bunt im Kälberstall: Nachdem schon seit einigen Jahren die Tränkeeimer „Farbe bekennen“, sind nun die Nuckel an der Reihe. Doch dabei handelt es sich nicht nur um eine optische Veränderung. Denn die farbigen Nuckel sind mit Aromen/Zusätzen versehen und sollen u.a. trinkschwache Kälber zum Saufen motivieren. Im Angebot sind ein antibakteriellen Sauger, ein Bronchialsauger mit ätherischen Ölen sowie zwei Sauger mit Vanille- und Schokoduft. 

Drencher mit Akku erleichtert die Arbeit

Im Kuhstall können mit dem Cow Drencher automatic von  Holland Animal Care mithilfe einer automatischen Pumpe bis zu 20 Liter Flüssigkeit pro Minute in den Pansen gepumpt werden. Mit einer vollen Akkuladung sollen bis zu 80 Kühe automatisch gedrencht werden können. Die Ladezeit des Akkus soll ca. zwei Stunden betragen. Erfahrungen mit dem Drenchen von Leinsamen hat die Firma bisher noch nicht gesammelt.
Gerade im Frischmelker-Bereich müssen oft Kühe separiert und zur Behandlung festgesetzt werden. Damit das sicher vonstattengehen kann, gibt es viele selbst entwickelte Ideen. Positiv, dass jetzt Stalleinrichter fertige Lösungen für Behandlungsplätze, z.B. mit schwenkbaren Toren und Klappen, anbieten.

Fressplätze in Altgebäuden optimieren

Gerade rangniedrige Kühe profitieren davon, wenn sie sich bei begrenztem Platzangebot vor dominanten Kühen „verstecken“ können. Mithilfe des Feeding Step von Bioret Agri lassen sich auch nachträglich noch erhöhte Fressplätze einbauen. Dazu wird ein Podest aus modularen Kunststoffblöcken mit einem Gefälle von 3% vor das Fressgitter inklusive einer Gummimatte montiert. Um auch bei dieser Nachrüstung Fressplatzteiler installieren zu können, hat der Hersteller außerdem eine neue Fressplatzabtrennung (DiviZen) entwickelt, die allein am Fressgitter montiert und damit in jedem Stall nachgerüstet werden kann. 

Das denkt die Redaktion:

Kurios! Das war oft der erste Impuls, wenn wir von den Unternehmen auf neue oder weiterentwickelte Produkte hingewiesen wurden. Doch auf den zweiten Blick war schön zu sehen, wie sich die Produktmanager mit Themen wie Tiergesundheit oder Arbeitsersparnis auseinandergesetzt haben. Zudem entstehen gerade im Bereich der Sensortechnik zunehmend Produktalternativen zu den bisherigen Platzhirschen (z.B. Kuhortung oder BCS-Messung per Video), was ermöglicht, solche Managementhilfen deutlich breiter als bisher in den Ställen einzusetzen. Bleibt abzuwarten, wie sich die Produkte in der Praxis bewähren und tatsächlich als kleine Stellschrauben für mehr Tierwohl dienen können.
Je wärmer die Sommer werden, desto mehr leiden die Kühe unter Hitzestress. Wasserbettmatratzen mit eingebauter Kühlung soll einen höheren Liege-Komfort, eine längere Liegedauer, weniger Hitzestress und somit eine höhere Milchleistung erlauben. Beim Wasserbett Aquaclim  (Bioret Agri) wird mit Hilfe einer Zirkulationspumpe gekühltes Brunnenwasser durch die Matratze geleitet. In der Ausführung Dynamic ist zusätzlich noch eine Wärmepumpe installiert, welche die den Kühen entzogene Wärme (lt. Herstellerangaben 250 Watt/h) zum Heizen, z.B. in einem bestehenden Heizungssystem, nutzbar machen soll. Pro 30 Liegeboxen wird je eine Pumpeinheit benötigt.

Sensoren werden einfacher 

Auch im Bereich der Sensortechnik hat sich einiges getan: 
  • Bolus misst Wasseraufnahme: Der weiterentwickelte Pansenbolus der Firma Smaxtec soll jetzt auch die Wasseraufnahme messen können. Mit TruDrinking werden künftig nicht nur die Trinkereignisse aufgezeichnet, sondern auch die aufgenommenen Wassermengen. Damit kann festgestellt werden, ob die Herde bzw. einzelne Kühe ausreichend Wasser aufnehmen, was Rückschlüsse auf die Gesundheitssituation sowie den Zustand der Wassertränken ermöglichen soll. 
  • Milchmengenmessung zum Nachrüsten: Nedap bietet mit dem SmartFlow ein neues Milchmengen-Messgerät an, das auch in vorhandene Melkstände eingebaut werden kann und bei dem die Milch einfach durch den Messbecher strömen kann, ohne dass Verjüngungen den Milchstrom abbremsen. Die erfassten Durchflussdaten werden kabellos an die zugehörige Melkplatzsteuerung übertragen (kein Elektroanschluss erforderlich). Farbige LED’s signalisieren den Melkfortschritt. 
  • Herdenmanagement per Video: Forschende sind schon seit längerem in der Lage, mittels Algorithmen Videobilder auszuwerten. Es gibt Arbeiten zur Lahmheitserkennung oder zur Einzeltier-Identifikation. Die ersten Systeme scheinen nun praxisreif. Die irische Firma CattleEye nutzt die Bilder einer handelsüblichen Überwachungskamera, um diese mit der eigenen Software zu analysieren und Rückschlüsse auf die Herdengesundheit und -produktivität zu ziehen. Mit einem ähnlichen System möchte bald die Mechatronik Austria GmbH auf den Markt, die dann u.a. auch eine Ortung (“Kuhtracking“) integrieren will. 
Tipp: Noch mehr neue Produkte haben wir auf unserer Themenseite Innovationen zur EuroTier für Sie vorgestellt und kommentiert. 

Die Medaillen-Vergabe stimmt positiv: Zwei Gold- und sieben Silbermedaillen gingen an Produkte für den Rinderbereich. Wir stellen Ihnen die Gewinner vor. 

Fütterung: Dichtes Silo und robuster Mischwagen 

Silofolienspezialist Böck präsentierte eine 11-lagige, besonders leichte Silofolie („Oasis“) mit sehr hoher Sauerstoffbarriere, die dank ihrer nur 90 µm Stärke 50 % weniger Material als herkömmliche Abdeckungen benötigt. Dabei soll sie so geschmeidig wie eine Unterziehfolie sein und trotzdem die Reißfestigkeit einer Silofolie aufweisen. Böck gibt an, dass auf eine zusätzliche Unterziehfolie kann im praktischen Einsatz verzichtet werden. Ein wichtiges Argument bei Folienherstellern ist mittlerweile die Nachhaltigkeit: Alle Abschnitte der Polyethylen-Produktion (PE) fließen direkt wieder in den Produktionsprozess zurück (Zero-Waste Produktion), nach Gebrauch ist das Produkt zu 100 % recyclebar.
Im Futtermischwagen nutzen sich Messer oft schnell ab. Stumpfe Messer verschlechtern die Messqualität und erhöhen den Kraftstoffbedarf. Der Futtermischwagen-Spezialist Bernard van Lengerich GmbH & Co. KG (BvL) hat darum die patentierte Strukturwalze der BvL- Selbstfahrer überarbeitet. Durch die Versetzung der Strukturelemente an der Walze rotiert diese ruhiger als bisher. Die Entnahmeelemente sollen dadurch sehr verschleißarm sein. Zudem sind die Strukturelemente der Walze relativ weit vom Kern etnfernt angebracht, wodurch die Trommel ein „Mischerleben“ lang halten soll. Optional erhältlich ist ein weiterer Messersatz, um die Futtermischung stärker zu verkleinern.

Kann die moderne Milchproduktion nachhaltiger und umweltfreundlicher werden? Auf der EuroTier in Hannover haben wir einige Ideen dafür entdeckt!

Mehr wirtschaftlicher Gewinn dank Genetik – ein großes Thema der Zuchtunternehmen in Hannover. Ein Blick auf den fachlichen Input und die ausgestellten Kühe. 


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